Unter Berlin hermetisch abgeriegelt

(jb) - Am 20. Dezember 2019 ist die Klasse IK17-4A gemeinsam mit dem Klassenlehrer Herr Siebers zu der Sonderführung der Berliner Unterwelten e.V. (Gesellschaft zur Erforschung und Dokumentation unterirdischer Bauten) dem hektischen Trubel an der Kreuzung Badstraße / Ecke Böttgerstraße in 13357 Berlin entschwunden.

Unter dem Titel „Zivilschutzanlagen für den nuklearen Ernstfall“ versammelte sich die Gruppe neugierig am vereinbarten Treffpunkt. Von dort führte ein unscheinbarer Eingang den Kurs über Treppen in die unterirdischen Gewölbe der „Zivilschutzanlage Blochplatz“, ein Schutzbau aus der Zeit des Zweiten Weltkrieges. Schon im ersten Raum war allen spätestens nach dem Verriegeln der dicken Stahltür klar, dass es sich um keinen normalen Keller handelt. Steinerne Wände, Böden aus Beton und kaltes Licht durch Leuchtstofflampen unterstrichen die unbehagliche Atmosphäre. Die Baute war im Ernstfall für 1.318 Personen vorgesehen, wobei jeder Person ein Quadratmeter Platz zur Verfügung stehen sollte.  Dieser beklemmende Zustand hätte jedoch nach maximal 48 Stunden aufgrund mangelnder Vorräte sowieso enden müssen.

Nach einem U-Bahn-Transfer zur Pankstraße betraten wir den eigentlichen Atomschutzbunker aus dem Jahr 1977. Hier hätten 3.339 Menschen für mehrere Wochen Schutz finden können. Während wir darüber nachdachten, wie Stahlbetontore die Anlage hermetisch abriegeln sollten, standen wir auch schon in der ersten Schleuse. Potenzieller atomarer Verseuchung konnte hier durch eine Dusche oberflächlich Einhalt geboten werden und verseuchte Kleidung durch saubere ersetzt werden. Erst dann durfte man durch das zweite Tor die eigentliche Bunkeranlage betreten. Um den Bedarf an Trinkwasser zu stillen, verfügt die weit verzweigte Anlage sogar über ihr eigenes unterirdisches Wasserwerk. Der Notstrom wurde durch ein, heute nur noch mit Euro 6 Norm zulässigen, 465 PS Dieselgenerator sichergestellt und hat somit die gesamte Anlage tief unter der Erde mit künstlichem Licht versorgt. Heizungen brauchte man nicht – ganz im Gegenteil waren Klimaanlagen im Einsatz, da die Körperwärme und Luftfeuchtigkeit resultierend aus der schieren Menge der Personen enorm hoch war.

Die Vorstellung ist bedrückend und umso eindringlicher, wenn man sich ausmalt, dass es den Menschen im Bunker besser ging als den Menschen an der Oberfläche – wenn es überhaupt Überlebende gegeben hätte. Wir können froh sein, dass der Atomschutzbunker seinen eigentlichen Zweck nie erfüllt hat und können auf weitere friedliche Zeiten hoffen, getrost nach der Europahymne „alle Menschen werden Brüder(...)“.

Josef Biersack (jb), Schüler der Klasse IK 17-4A